Aug in Aug mit dem König der Tiere

Hinweis in eigener Sache zum Spaziergang mit Löwen: So begeistert ich damals war, heutzutage würde ich so etwas nicht wieder machen. „Canned Hunting“ (das Aufziehen von Löwen um sie später in umzäunten Gehegen für zahlende Jäger freizulassen) war mir damals kein Begriff. Ich hätte mich allerdingss wesentlich besser informieren und an meinen Hausverstand appelieren müssen. Den Beitrag habe ich dennoch nicht gelöscht, um auf die Tierquälerei aufmerksam zu machen. Mehr Informationen zum Thema Canned Hunting findet ihr zum Beispiel bei ProWildife.

I walked with the lions – und ich wurde nicht gefressen :)

Die erste Nacht unserer Südafrika-Reise verbrachten wir im Protea The Ranch Hotel, etwa 280 km nördlich von Johannesburg und 25 km südlich von Polokwane (Provinz Limpopo) inmitten eines 1000 Hektar großen Naturschutzgebietes gelegen.

The Ranch Conservancy bot die einmalige Gelegenheit zu einem Erlebnis der ganz besonderen Art, welches das Herz im wahrsten Sinne des Wortes höher schlägen lässt: ein Spaziergang mit Löwen.

Nach dem Genuss eines vorzüglichen Abendessens und drei Gläsern Shiraz fasste ich den Mut mich für diese nicht ungefährliche Begegnung anzumelden.

Glücklicherweise erfüllte ich als Sitzriese mit meinen 1,58 Meter Körpergröße die am Anmeldeformular angegebene Mindestkörpergröße von 1,35 Meter – dann konnte ja nichts mehr schiefgehen.

Frühmorgens ging’s los, aufgeregt fand ich mich gegen 7 Uhr frohen Mutes mit zwei weiteren furchtlosen Gästen aus den USA beim Fahrzeug ein das uns zum Wildreservat bringen sollte.

Während der 10minütigen Fahrt genoss ich den Ausblick auf die Buschlandschaft und die Stille die nur vom Motorengeräusch des Unimog unterbrochen wurde. Eine Giraffe kreuzte unseren Weg und ich beobachtete fasziniert wie grazil und elegant sie sich mit ihren langen Beinen durch das Gelände bewegte.

Als ich so meinen Gedanken nachhing wurde mir allerdings schlagartig doch ein wenig mulmig zumute und ich fragte mich für einen kurzen Moment, welche Tannine mich am Vorabend geritten hatten, den Passus „die Teilnahme erfolgt auf eigene Gefahr“, zu unterzeichnen.

Nachdem wir einige Minuten später unser Ziel erreichten verschwendete ich allerdings keinen Gedanken mehr daran.

Hinter einem Zaun warteten bereits die drei wunderschönen Geschöpfe die uns erlauben werden neben ihnen her zu gehen.

Ein Männchen und zwei Weibchen, darunter zwei der äußerst seltenen weißen Exemplare. Begeisterung machte sich breit und jegliche Zweifel lösten sich in Luft auf.

Weiße Löwen sind keine Albinos, sondern eine seltene genetische Besonderheit, die nur an einem einzigen Ort der Welt vorkommt: in Timbawati in Südafrika. Aufgrund ihrer hellen Fellfarbe fällt es ihnen schwer sich entsprechend zu tarnen und werden schnell zu Beute und Jagdtrophäen, wie ich später erfuhr.

Bevor wir allerdings auf Tuchfühlung gehen durften, wurden wir von den sechs Guides, die uns begleiten sollten, über die wesentlichen Verhaltensregeln instruiert:

  • niemals den Kopf der Tiere berühren
  • nicht rennen, keine hastigen Bewegungen
  • sich stets hinter den Löwen bewegen bzw. ihm nicht im Weg stehen
  • nicht bücken, man wäre kleiner als die Löwen und würde womöglich als Beute oder Spielzeug angesehen werden, immer auf einer bestimmten Höhe bleiben und Selbstbewusstsein ausstrahlen
  • niemals den Stock gegen die Löwen richten, denn die Tiere werden mit rohem Fleisch, welches auf die Spitze eines Stockes gespießt wird, gefüttert
  • und sollte eines der Leckereien vor deinen Füßen landen, nicht einen einzigen Muskel bewegen

Fein, dann konnte es ja losgehen mit dem 1stündigen Adrenalin-Kick.

Jeder von uns bekam noch einen Stock in die Hand, dieser sollte allerdings nicht zur Verteidigung, sondern zur Beruhigung dienen. Dann wurd das Gatter geöffnet – nun gab es kein Zurück mehr.

Betäubt von der Faszination verdrängte ich die Tatsache, dass drei gefährliche Raubkatzen vor mir standen. Irgendwie konnte ich noch nicht so recht glauben was hier gerade passierte, es fühlte sich so unwirklich an.

Ich wurde aus meiner Trance gerissen als sich die Guides und Löwen in Bewegung setzten, allen voran Mohlatsi, “The Lucky One”. Er wurde vor mehr als 2 Jahren als Welpe im Ranch Conservancy aufgenommen, nachdem sein Bruder von ihrer Mutter versehentlich getötet wurde, in dem sie sich auf ihn legte.

Ein Prachtexemplar wie ich fiand, und als ich gerade innerlich über seine Irokesen-Mähne schmunzelte, wurde ich von einem der Guides gefragt ob ich den Schwanz einer der Löwinnen halten möchte, und er schnappte sich indes meine Kamera.

Während mein Körper und Geist innerlich einen kleinen Kampf ausfechteten, streckte ich unbewusst die Hand nach dem Rücken der Löwin aus – Herz und Neugier schlug offensichtlich Hirn.

Als ich sie berührte bewegte sich der knapp 1 Meter lange, gar nicht mal so leichte Schwanz zum Greifen nach oben. Mir fiel die Quaste am Schwanzende auf und ich erfuhr von einem Guide, dass Löwen die einzige Katzenart sind, welche eine Quaste besitzen. Das hatte ich bisher noch nie bewusst wahrgenommen.

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Aufmerksam beobachtete ich jeden Schritt der Löwin, während ich darauf achtete, den Schwanz nicht zu fest halten.

Nach einigen Metern löste sich die Anspannung merklich und ich liess mich fasziniert und gefesselt von ihr entlang des Weges führen. Hakuna Matata.

So spazierten wir eine Weile abwechselnd hinter den dreien her während uns unsere Guides mehr über deren Leben erzählten.

Ab und an rissen sie sich los um durch die Büsche zu laufen, zu Trinken oder miteinander zu spielen.

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Wir machten Halt und erhielten eine Demonstration darüber, wie hoch Löwen springen können.

Beim letzten Sprung war die Löwin ein wenig zu stürmisch und schlugt dem Guide den Stock mit den Fleischstücken aus den Händen. Die Leckerei wurde dabei zu Boden geschleudert und landete – wie es der Zufall so wollte – etwa 1 Meter entfernt vor meinen Füßen.

Zum ersten Mal seit der Begegnung mit den Tieren war ich für den Stock in meinen Händen unendlich dankbar. Ich klammerte mich daran fest um keine reflexartigen Bewegungen zu machen als die Löwin im gefühlten Zeitlupentempo auf mich zu sprintete um sich ihre verlorene Beute wieder zu holen.

Sekunden später trottete sie stolz damit davon und ich traute mich wieder zu atmen. Puhhh ….

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Noch schnell das Herz aus der Hose wieder an seinen Platz befördert, spazierten wir weiter zu einer kleinen Lichtung, wo wir gespannt darauf warteten ob Mohlatsi zu einem Fotoshooting aufgelegt sein würde.


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Anscheinend ja, denn er machte es sich bequem und wir durften abwechselnd neben ihm in die Hocke gehen und uns mit ihm ablichten lassen.

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Doch als hätte einmal nicht gereicht, rutschte mir das Herz gleich ein weiteres Mal in die Hose.

Während ich ehrfürchtig und glückselig in die Kamera lächelte, erhobt sich Mohlatsi plötzlich und drehte den Kopf zu mir.

Ich blickte in zwei wunderschöne blaue Augen und erinnerte mich an Regel Nummer 3: stehts größer als die Löwen sein.

Tja, das ist jetzt in dieser Situation ein bißchen schwierig …

Ich wagte es nicht zu atmen, entfernt hörte ich die Anweisungen der Guides, mich nicht zu bewegen und mir wurde plötzlich klar, dass ich noch nie dermaßen intensiv und bewusst das Gefühl von Achtung, Respekt und Vertrauen empfunden hatte wie in diesem Moment.

Das dürfte wohl auf Gegenseitigkeit beruht haben, denn Sekunden später legte sich Mohlatsi wieder hin und es entstanden noch ein paar schöne Bilder die mich stets an diesen aufregenden und besonderen Tag erinnern werden.

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Bevor der Spaziergang zu Ende ging, demonstrierten Mohlatsi und seine zwei Damen uns noch ihre Kletterkünste an einer Palme.

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Und auch wie sich der Ausdruck „durch Mark und Bein“ anfühlt, als er plötzlich hinter den Büschen verschwand um kurz danach lautstark brüllend wieder aufzutauchen.

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Dann hieß es Abschied nehmen vom König der Tiere.
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Nach dem morgigen Frühstück werden wir die Reise entlang der Panorama Route und dem Blyde River Canyon Richtung Krüger Nationalpark fortführen, wo wir die „Big Five“ kennenlernen werden.

Lieben Gruß, Karin & Harald

Kategorien Südafrika

Über

Hallo, ich bin Karin, ein Kind der Achtziger, leidenschaftliche Teilzeitweltenbummlerin & Hobbyfotografin, und wohne da, wo eigentlich andere Urlaub machen, im schönen Wien :) Trotz der Liebe zu meiner Heimatstadt zieht es mich immer wieder in die Ferne.

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